
Ein Bohrgerät hoch über den Dächern Berns
Drei Reihenhäuser in Berns Botschaftsquartier sollen neu über Erdwärmesonden beheizt werden. Was einfach klang, wurde zur logistischen Herausforderung. Und Geduld brauchte es, denn die Felsoberkante wollte und wollte nicht kommen.
In Bern trifft Tradition auf Innovation. Diesen Spätsommer wurden drei historische Reihenhäuser an der idyllischen Rainmattstrasse mit Erdwärmesonden ausgerüstet. Die Bauherrschaften hatten sich entschlossen, die alten Elektro- und Gasheizungen durch umweltfreundliche Erdwärmesonden zu ersetzen, um sowohl die Energiekosten zu senken als auch einen Beitrag zur Nachhaltigkeit zu leisten. Doch die Herausforderungen waren gross: Die Gebäude lagen in der sogenannten roten Zone, einem Gebiet, das dem Schutz von Quellen und Trinkwasservorkommen dient. Dieses Restrisiko erforderte eine präzise Planung und hochwertige Ausführung, um Umweltschäden zu vermeiden. Ein von einem externen Geologiebüro erstelltes Gutachten überzeugte die Behörde von der Sicherheit des Vorhabens. Zahlreiche Besprechungen mit örtlichen Behörden, Nachbarn wie der US-Botschaft oder dem SRK und Rettungsdiensten später, konnten die Arbeiten schliesslich beginnen.
Wann bloss kommt dieser Fels?
In der ersten Etappe wurde bei zwei Reihenhäusern gebohrt. Der mobile Kran mit einem Eigengewicht von 80 Tonnen sowie mit zusätzlichem Ballast von wiederum 80 Tonnen wurde in Rekordzeit von 90 Minuten auf der engen Quartierstrasse aufgestellt, welche hierfür komplett gesperrt wurde. Der Kran hob sämtliches Material inklusive einem Kleinbagger über die historische Häuserreihe auf den Bohrplatz. Geplant für das erste Gebäude waren drei Erdwärmesonden mit einer Tiefe von je 170 Metern. Da in unmittelbarer Nähe noch keine tiefen Bohrungen erstellt worden waren, wurde basierend auf dem Modell des kantonalen Geoportals in der Machbarkeitsstudie angenommen, dass die Felsoberkante vor 100 Metern unter Terrain anzutreffen sei. Fluviatile Ablagerungen im Gletschervorfeld, massiv gesättigt mit Grundwasser, erschwerten den Bohrfortschritt durch enormen Auftrieb. Wiederholtes Ein- und Ausbauen des gesamten Bohrstrangs verlangte aussergewöhnlichen Durchhaltewillen von den Mitarbeitern. Nach zwei Tagen Verrohren in der Moränenablagerung der letzten Eiszeit waren alle sehr erleichtert, als der Sandstein schliesslich bei 164 Metern unter Terrain (!) angetroffen wurde. Dank leistungsstarkem Inventar, bedingungslosen Einsatz der Mitarbeitenden, grossem Know-how des Geräteführers und viel Geduld konnte diese Felstiefe überhaupt erreicht werden.
Ein Bohrgerät hoch über den Dächern
Nach der erfolgreichen Abteufung der Erdwärmesonden beim ersten Gebäude dislozierte man die ganze Bohrinstallation im Hinterhof auf die vom Landschaftsgärtner vorbereitete Nachbarsparzelle. Mit der Erfahrung der vergangenen zwei Wochen entschied man, anstelle von zwei Bohrungen von 170 Metern nur eine Bohrung von 300 Metern vorzunehmen. Im Gegensatz zum ersten Gebäude waren die Wohnungen von den Eigentümern bewohnt, wodurch wir die ganze Bohrschlammevakuierung via Erdgeschosswohnung des ersten Gebäudes auf die andere Gebäudeseite zu den Absetzbecken pumpen durften. Als Bohrverfahren wurde mit einer Spülrotationsbohrung mit Spülmedium Druckluft gebohrt. Die Platzverhältnisse in Garten waren zu beschränkt, um eine traditionelle Ton-Spülbohrung anzuwenden. Insbesondere die Bohrschlammverwaltung mit letzterem Verfahren wäre via Wohnung nicht möglich gewesen.
Um die Bohranlage nach Abschluss der Bohrungen wieder aus dem Hinterhof zu heben, wurde die ganze Rainmattstrasse erneut für sämtlichen Durchgang gesperrt. Eindrücklich wurde das 16 Tonnen schwere Bohrgerät vom Autokran hoch über die Dächer von Bern gehoben. Damit der Kranausleger sowie das Gegengewicht des mobilen Teleskopkrans genügend Schwenkraum zur Verfügung hatten, stutzte ein von Stadtgrün zertifizierter Förster die angrenzenden Eichen. Mit grosser Anspannung aller Beteiligten begann die letzte Etappe. Wann würden wir die Felsoberkante diesmal antreffen? Gegenüber der letzten Bohrung, welche sich etwa 25 Meter südwestlich befand, traf man der Fels bei 148 Metern unter Terrain an - 16 Meter früher. Die Erleichterung und Freude bei den Beteiligten waren gross.
Nach vier Wochen intensiver und herausfordernder Arbeit konnten die Anwohner an der idyllischen Rainmattstrasse und das ganze Team schliesslich aufatmen. Die Erdwärmesonden waren erfolgreich installiert und die Reihenhäuser waren nun bereit, umweltfreundlich beheizt zu werden.
Zu den Bildern: Das Bohrgerät sowie sämtliches Material mussten mit dem Kran hin- und hergehoben werden. Dies unter äusserst beengten Platzverhältnissen im idyllischen Berner Botschaftsquartier.