Aus einem Guss
210 Grad heiss beim Einbau, wasserdicht und doppelt so langlebig wie herkömmlicher Asphalt: Gussasphalt ist ein Spezialist unter den Belägen. In Aarau kam er nun auf einer der stark befahrenen Kreuzungen im Kanton Aargau zum Einsatz. Eine Herausforderung für Mensch, Maschine und Material.
Wer von Aarau Richtung Buchs fährt, ahnt kaum, was sich beim Kreisel beim Kantonsspital unter den Reifen verbirgt. Rund 20 000 Fahrzeuge rollen täglich über den neuen Kreisel. Früher wurde der Verkehr hier durch ein Lichtsignal geregelt – flankiert vom grossen Kantonsspital und angrenzenden Wohnquartieren. Jetzt setzte der Kanton Aargau erstmals grossflächig auf Gussasphalt, ein Baustoff, der im Strassenbau noch immer als Exot gilt, aber enormes Potenzial besitzt. «Der Gussasphalt wird mit 210 Grad heiss eingebaut. Er ist selbstverdichtend, wasserdicht und extrem abriebfest», erklärt Bauführer Kurt Wegmüller. Im Gegensatz zu herkömmlichem Asphalt, der mit Walzen verdichtet werden muss, genügt beim Gussasphalt das Ausbreiten mit dem Fertiger oder von Hand. Die Oberfläche ist, sobald sie abgekühlt ist, belastbar – ein entscheidender Vorteil für stark frequentierte Bereiche wie Brücken, Parkdecks oder eben Grosskreuzungen.
Spezialisiert auf knifflige Einsätze
Der Einbau in Buchs erforderte viel Geduld. Neunmal musste der Start seit Mai verschoben werden – immer wieder machte Regen einen Strich durch die Rechnung. «Schon wenige Tropfen Wasser können Blasen verursachen. Die Fläche muss deshalb absolut trocken sein», betont Kurt Wegmüller. Am Sonntag, 17. August, war es dann endlich so weit. Da in der Nacht zuvor ein Gewitter über Aarau niederging, mussten am Sonntagmorgen zuerst Heizgeräte eingesetzt werden, um den Untergrund vollständig zu trocknen. Erst dann kam der Gussasphalt-Fertiger der KIBAG zum Einsatz.
Technik mit Präzision
Damit alles exakt passte, kam modernste 3D-Technik zum Einsatz. Die Fräsen arbeiteten millimetergenau, Schichtdicken wurden digital gesteuert und laufend überprüft durch die Infra der KIBAG. Von jedem Lkw wurde eine Probe genommen, die im Labor geprüft wurde, um Zusammensetzung und Bitumenqualität sicherzustellen. «Die Garantiefrist beläuft sich für die fertiggestellte Strasse auf fünf Jahre – bei täglich 20 000 Fahrzeugen darf nichts schiefgehen, sonst wird es teuer.» Während des Einbaus wird direkt hinter der Bohle vom Fertiger der Splitt eingestreut und mit einer kleinen Rolle von Hand angewalzt, damit es einen Verbund vom Splitt zum Gussasphalt gibt. Nicht nur die Optik überzeugt: Der weisse Splitt reduziert die Hitzeentwicklung im Sommer und verbessert die Sichtbarkeit. Statt einer dunklen, Wärme abstrahlenden Fläche entstand ein heller, freundlicher Kreisel.
Baustoff mit Zukunft
Warum also nicht überall Gussasphalt einbauen? Der Grund liegt in den höheren Kosten gegenüber normalem Asphalt und in den Anforderungen an den Untergrund. Er benötigt stabile, setzungsfreie Tragschichten. Der Einbau ist deutlich aufwendiger und beinhaltet viel Handarbeit. «Dort, wo die Belastung durch den Verkehr hoch ist, lohnt sich Gussasphalt in jedem Fall. Wir rechnen mit mindestens der doppelten Lebensdauer im Vergleich zu herkömmlichem Asphalt», sagt Kurt Wegmüller. Das ASTRA unternimmt laufend Testversuche – auch auf Autobahnen –, um sich von der Langlebigkeit von Gussasphalt zu überzeugen. Wenn Sanierungen seltener nötig sind, spart dies Geld und Material.