
Natur schützen - Bauen mit Blick aufs Ganze
Wer in der Schweiz baut, bewegt sich in einem dichten Geflecht aus Gesetzen und Vorschriften. Zentral sind das Umweltschutzgesetz (USG), die kantonalen Richtlinien sowie Vorgaben aus Jagd- und Fischereigesetzen. Sie schreiben vor, Lebensräume zu schützen und bei Eingriffen entsprechende Vermeidungs- oder Kompensationsmassnahmen umzusetzen.
Bauen in der Natur heisst heute auch: Rücksicht nehmen. Wo einst der Bagger einfach anrückte, sind heute Schutzfristen, ökologische Ausgleichsmassnahmen und Bewilligungen fester Bestandteil jedes Projekts. «Typische Auflagen gelten vor allem für Eingriffe in Gewässer – etwa Schonzeiten während der Laich- oder Brutzeiten von Fisch- oder Vogelarten», erklärt Raphael Bühler von der KIBAG Infra. «Bei Arbeiten in der Nähe von Gewässern können zusätzliche Vorgaben zum Schutz sensibler Lebensräume dazukommen.» Bei Eingriffen in Gebiete mit geschützten Arten braucht es spezielle Schutzvorkehrungen oder Ersatzlebensräume. Viele Projekte verlangen zudem eine ökologische Baubegleitung, die prüft, ob die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Besonders komplex wird es, wenn kantonale Unterschiede hinzukommen: Während etwa der Kanton Zürich beim Schutz von Kleingewässern hohe Anforderungen stellt, stehen in Bern vor allem Wildtierkorridore im Fokus.
Praxisbeispiel: Wildtierbrücke Recherswil/Koppigen
Ein aktuelles Beispiel ist die neue Wildtierüberführung bei Recherswil/Koppigen (SO/BE). Das 18 Millionen Franken teure Bauwerk verbindet zwei wichtige Wildtierkorridore über die stark befahrene A1. Jetzt können Hirsche, Luchse, Dachse oder Rehe hier sicher queren. Die Brücke misst 59 Meter in der Länge und 53 Meter in der Breite – Dimensionen, die für eine gute Ak- zeptanz sorgen. Das Projekt sichert nicht nur die ökologische Vernetzung, sondern setzt auch ein starkes öffentliches Signal: Natur braucht Platz.
CO2-Fussabdruck: Der unsichtbare Begleiter
Nicht nur Tiere, auch das Klima will geschützt sein. Emissionen entstehen beim Transport von Materialien, durch Maschinenbetrieb und bei Wartezeiten. Besonders wenn Abläufe nicht optimal geplant sind, steigt der Ausstoss unnötig. Demgegenüber stehen klare Hebel zur Reduktion: elektrisch betriebene Maschinen, CO₂-reduzierter Beton, durchdachte Logistik, optimierte Bauabläufe und der Einsatz von Recyclingmaterialien. Die KIBAG testet diese Ansätze an verschiedenen Standorten. Der Einsatz von E-Fahrmischern und die Solaranlage in Regensdorf sind sichtbare Zeichen dieses Weges. Parallel laufen Projekte zur systematischen CO₂-Erfassung – als Grundlage für künftige Umweltbilanzen.
Digitalisierung für die Umwelt: Reporting im Wandel
Wo früher manuell Tabellen gefüllt wurden, beginnt heute ein neuer Weg: Die KIBAG treibt die Digitalisierung ihrer Nachhaltigkeitsdaten systematisch voran. Grund- lage dafür ist der jährlich erhobene CO₂- Fussabdruck (Scope 1 & 2), der nicht nur für Umweltziele, sondern auch für Zertifikate wie Ecovadis essenziell ist. Damit aus der Datensammlung ein verlässliches Instrument für Klimastrategien wird, wurde eine eigene Webapplikation entwickelt.
Ein Teil der erforderlichen Datengrundlage wird derzeit noch manuell zusammen- geführt. Ziel ist die schrittweise Automatisierung: Daten aus Systemen wie Abacus sollen künftig direkt ins Reporting fliessen. Die Validierung und Visualisierung dieser Informationen über ein digitales Dashboard sorgen dabei für Transparenz und Vergleichbarkeit.
«Die Anforderungen an Umwelt-Reportings steigen stetig – und wir müssen darauf vorbereitet sein», sagt Pascal Wanner, verantwortlich für die CO₂-Bilanzierung der KIBAG. «Unser Ziel ist es, die Datenqualität zu erhöhen und dabei gleichzeitig den Aufwand zu reduzieren.»
ESG-Reporting wird wichtiger
Parallel wird der Fokus ausgeweitet: Das Nachhaltigkeitsreporting gewinnt zunehmend an Bedeutung – intern wie extern. Die KIBAG bereitet sich vor, etwa durch die Integration zusätzlicher Umwelt- und Sozialindikatoren. Auch die aktive Mitwirkung im Fahrplan des Branchenverbands Baustoff Kreislauf Schweiz «Netto Null 2050» zeigt: Die KIBAG will mitgestalten, nicht nur reagieren.
Ein weiteres Beispiel ist die unternehmens- weite Zusammenführung von Strommessdaten, geplant für die zweite Jahreshälfte 2025. Ziel ist es, über Dashboards den Stromverbrauch an den Werkstandorten gezielt zu analysieren – und so konkrete Einsparpotenziale zu identifizieren. Denn Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern auch der Schlüssel zu effizienterem Klimaschutz.
Nachhaltigkeit beginnt im Detail
Ein zentrales Element der KIBAG-Klimastrategie ist die Kreislaufwirtschaft. Was früher als Abfall galt, ist heute wertvoller Sekundärrohstoff – sofern Rückbau, Materialtrennung und Wiederverwertung frühzeitig aufeinander abgestimmt sind. Die KIBAG bringt ihr Know-how gezielt ein: mit KIBECO-Baustoffen, rezyklierten Zuschlagstoffen und mobilen Karbonisierungsanlagen. Besonders wirkungsvoll gelingt das, wenn die Kreislaufprinzipien bereits in der Submission berücksichtigt werden – etwa durch geeignete Materialvorgaben oder angepasste Ausführungskonzepte.
Ein wichtiger Pfeiler ist die KIBAG RE – das Kompetenzzentrum für Recycling, Entsorgung und Umwelttechnik. Sie sorgt dafür, dass Bauabfälle fachgerecht gesammelt, sortiert und – wenn möglich – wiederverwertet werden. Ob Bodenreinigung, Aushubmanagement oder Bohrschlämme: Die KIBAG RE arbeitet mit modernen Anlagen daran, Stoffkreisläufe zu schliessen. Mit der Bodenwaschanlage in Regensdorf wurde bereits ein klares Zeichen gesetzt, wie sich Umweltschutz und Bauwirtschaft wirkungsvoll verbinden lassen.
Ökologische Verantwortung im Wasserbau
Besonders im Wasserbau sind die Anforderungen hoch. «Jeder Eingriff ins Gewässer bedarf einer Bewilligung, selbst kleinere Arbeiten wie das Ersetzen einzelner Pfähle», sagt Urs Amstad, Bauführer bei KIBAG. «Je nach See gelten unterschiedliche Fristen – und oft braucht es zusätzlich einen ökologischen Ausgleich, etwa in Form von Fischunterständen oder Strukturelementen im Uferbereich.» Hinzu kommt, dass Eingriffe häufig mehrere Anspruchs- gruppen betreffen – vom Fischereiverein bis zur kantonalen Fachstelle –, was die Koordination zusätzlich erschwert.
Zwischen Vorschrift und Verantwortung
Auch Christoph Rüegg, Leiter Wasserbau bei KIBAG, betont die gestiegenen Anforderungen: «Das gesamte Bewilligungs- verfahren ist heute deutlich komplexer als früher – was früher als reine Unterhaltsarbeiten galt, braucht heute oft ein aufwendiges Verfahren mit verschiedenen Fachstellen.» Er ergänzt: «Aber es ist gut so. Denn die Verantwortung gegenüber dem Ökosystem darf nicht einfach unter den Tisch fallen.»
Wichtige Partner auf der Baustelle sind heute ökologische Baubegleiterinnen und Baubegleiter. Sie beobachten Abläufe, dokumentieren Einflüsse auf Fauna und Flora und schlagen bei Bedarf Sofortmassnahmen vor. «Die Behörden geben in der Regel vor, welche Schutzmassnahmen nötig sind – wir sind dafür verantwortlich, dass sie auf der Baustelle korrekt umgesetzt werden», sagt Raphael Bühler. Damit das funktioniert, braucht es klare Zuständigkeiten, gegen- seitigen Respekt – und Zeit. Gerade bei KIBAG-Projekten zeigt sich, dass die frühzeitige Einbindung der ökologischen Perspektive zu besseren Lösungen führt – fachlich wie menschlich.
Der Bau wird beobachtet
Was früher im Verborgenen stattfand, ist heute sichtbar und öffentlich kommentiert. Rodungen, bauliche Eingriffe oder Emissionen rufen längst nicht mehr nur die Aufsichtsbehörden auf den Plan. Auch Medienberichte, Anwohnerreaktionen oder Petitionen gehören zur Projektrealität. Wer heute baut, muss erklären können, wie, wann und warum er handelt.
Die KIBAG begegnet dieser Erwartung mit Transparenz, aktiver Kommunikation und einer Haltung, die ökologische Verantwortung nicht als Pflicht, sondern als Teil der eigenen Identität versteht. Die Anforderungen an moderne Bauprojekte steigen – nicht nur technisch, sondern auch ökologisch, gesetzlich und gesellschaftlich. Für Unternehmen wie die KIBAG bedeutet das: Bauen ist heute weit mehr als Pläne umzusetzen. Es ist eine Frage der Haltung – gegenüber Natur, Gesetz und der Gesellschaft.