Tsunamiforschung ab KIBAG Ponton auf dem Vierwaldstättersee
Tsunamis kommen nicht nur im Meer vor. In seltenen Fällen treten auch in Seen grössere Flutwellen auf. Historische Berichte sowie Untersuchungen von Seesedimenten belegen, dass 1601 eine bis zu vier Meter hohe Flutwelle den Vierwaldstättersee durchquerte. Sie führte zu zahlreichen Überschwemmungen und forderte einige Todesopfer. Auslöser war ein Erdbeben im Kanton Nidwalden mit einer Magnitude von 5.9. Weitere Tsunamis sind für den Genfer-, Brienzer- und Lauerzersee dokumentiert.
Festzustellen, was See-Tsunamis auslöst, wie häufig sie bisher auftraten und welche Auswirkungen sie haben, ist das Untersuchungsziel eines Forschungsprojekts von Wissenschaftlern der ETH Zürich, der Universität Bern und des Zentrums für Marine Umweltwissenschaften Bremen. Sie platzieren dazu u. a. neun Ozeanboden-Seismometer an verschiedenen Orten auf dem Grund des Vierwaldstättersees. Das Forscherteam arbeitet auf einem Ponton der KIBAG. Die Plattform wird mit dem Schubboot Triton jeweils gemäss GPS-Messungen der Forscher ausgelotet, um dann die Messgeräte (Seismometer) möglichst genau auf dem Boden des Sees zu platzieren. Die Wahl fiel auf den Vierwaldstättersee, da er in einem Gebiet mit vergleichsweise hoher Erdbebengefährdung liegt und aus vorangehenden Forschungsprojekten bereits gute Kenntnisse über seinen Seegrund vorliegen.
Weiter untersuchen die Forschenden Flussdeltarutschungen sowie Tsunamiablagerungen an Seeufern und modellieren die Ausbreitung von Tsunamiwellen. Am Ende werden alle Erkenntnisse zusammengeführt, um diesem eher unbekannten Seephänomen auf die Spur zu kommen. Eine solch umfassende Untersuchung von Gefahrenprozessen unter der Wasseroberfläche ist bisher einzigartig für die Schweiz. Ihre Ergebnisse sollen ein besseres Verständnis von See-Tsunamis weltweit ermöglichen. Finanziert wird das Projekt vom Schweizerischen Nationalfonds, dem Bundesamt für Umwelt sowie der ETH Zürich.
Weitere Informationen finden Sie auf der Projektwebseite: www.see-tsunami.ch
Das Tsunami-Projekt ist Teil eines grossen Forschungsprogramms, das sich der Frage widmet, wie sich der lokale Untergrund auf die Erdbebengefährdung und auf erdbebeninduzierte Phänomene auswirkt. Dazu gehören nicht nur Tsunamis, sondern auch Bergstürze und Bodenverflüssigungen. Zu diesem Zweck wird mitunter das seismische Netzwerk der Schweiz verdichtet. In Buochs ist eine solche Station geplant.