Ins Auslandsjahr während der Lehre
Mal ein Jahr ins Ausland für die Ausbildung: Was Erasmus sonst für Studierende organisiert, konnte unsere Lernende Gianna während ihrer Lehre zur Kauffrau erleben. Sie verbrachte je ein halbes Jahr in Irland und in Frankreich. Im Sommer 2025 schliesst sie ihre Lehre in Winterthur ab.
Du machst deine Lehre zur Kauffrau EFZ in Winterthur. Nach dem zweiten Lehrjahr hast du dich aber nicht ins Abschlussjahr gestürzt, sondern in ein anderes Abenteuer. Erzähl!
Im Herbst 2022, also in meinem zweiten Lehrjahr, kam Silvia Engi, meine Berufsbildnerin, auf mich zu und zeigte mir ein Infoschreiben des KVs. Darin ging es darum, ein Jahr der Lehrzeit im Ausland zu verbringen – alles organisiert über Erasmus und finanziert über eine Stiftung. Silvia meinte, das wäre doch was für mich.
Was musstest du tun, um in dieses Programm aufgenommen zu werden?
Schweizweit standen gerade mal 20 Plätze zur Verfügung. Ich musste mich also beim KV Winterthur bewerben und später in einem persönlichen Gespräch meine Motivation darlegen. Ich sagte: Mir gefällt es eigentlich überall und ich finde auch überall Freunde. Ich war mir sicher, dass das eine Erfahrung fürs Leben sei.
Du hast die Zusage bekommen. Im Sommer 2023 stand die Abreise an. Was hiess das für dich?
Ich musste natürlich einen Pass beantragen, Versicherungspolicen etc. übersetzen lassen - Behördensachen halt. Wir mussten auch den Lehrvertrag auflösen und per Sommer 2024 wieder einen neuen erstellen. Denn ich setzte meine Lehre in diesem Jahr ja aus. Dabei hat mich Silvia übrigens enorm unterstützt und stand voll hinter mir. Die Gastfamilien, die Praktikumsbetriebe sowie die Schulen wurden organisiert und finanziert durch Erasmus. Man konnte zwar Präferenzen angeben, aber nicht wählen.
Hattest du keinen Bammel vor der Abreise?
Überhaupt nicht. Ich bin schon seit Jahren im Cevi aktiv, fuhr schon mit acht Jahren ins Lager. Ich habe auch immer leicht Freunde gefunden. Ich war überzeugt, das ist eine gute Sache.
Wie sah das Jahr dann aus?
In Irland lebte ich in Tralee, einer Kleinstadt an der Südwestküste. Im Praktikum bin bei einer Badewannenfirma gelandet. Am Anfang nahm ich vor allem Anrufe entgegen. Mit dem Englisch war es die ersten zwei Wochen sehr schwer, aber ich kam dann sehr schnell rein. Bei der Gastfamilie hatte ich es fast besser als zuhause (sie lacht)! Nur eine Kleinigkeit lief schief: Ich bin keine grosse Tierliebhaberin und wollte eigentlich eine Familie ohne Haustiere. Dann war dann aber doch ein Hund da. Das war am Anfang ein Schock. Am Ende entstand aber eine richtiggehende Freundschaft zum Hund.
Im Winter zogst du direkt weiter nach Frankreich, in dein zweites Praktikum.
Richtig, ich wohnte in Bordeaux. Das war dann schon etwas anders: nach dem beschaulichen Tralee direkt in die Grossstadt, wo es doch etwas gefährlicher ist. Gleichzeitig hatte die Stadt auch mehr zu bieten, z.B. schöne Parks, E-Trottis, viele Museen. Mein Praktikum war an einem Marktstand; dort kochte ich Pasta.
Was hast du gelernt über dieses Jahr?
Über alles? Irland und Frankreich kann man nicht vergleichen. In Irland habe ich in einem Frauenteam Rugby gespielt, das war toll! In Frankreich lernte ich skaten.
Was nimmst du mit aus diesem Jahr?
Die Erinnerung an die coole Zeit mit den Gastfamilien! Man kann es überall gut haben auf der Welt, überall Freunde und den inneren Frieden finden. Und natürlich die verbesserten Sprachkenntnisse.
Dein Tipp an Lernende, die vielleicht auch mit einem Auslandsaufenthalt liebäugeln?
Machs! Diese Chance bekommst du nie mehr! Und hab keine Angst, du findest auch dort Kollegen. Und wenn es nicht geht in der Gastfamilie, dann wechselst du halt.
Wie gehts es nun weiter?
Im Sommer mache ich den Lehrabschluss – halt nach vier Jahren statt den üblichen drei. Und ich studiere an einer Zweitlehre als Koch herum. Ich habe eine Stelle in Aussicht in einem Berghotel in Österreich. Ich bin schon angefixt vom Reisen. Und freue mich dort auf Kaiserschmarrn und Schnitzel.
Auslandjahr:
Für ein Auslandjahr, wie es Gianna gemacht hat, unterbrichst du für ein Jahr deine Lehre und tauchst komplett in eine andere Sprache und Kultur ein. Sie machte dies über das Modell Erasmus plus: Wenn du eine KV-Lehre machst, kannst du hier je ein halbes Jahr in Frankreich und England oder Irland in einem Partnerunternehmen arbeiten und dabei bei einer Gastfamilie wohnen. Du besuchst ausserdem die Schule, um die jeweilige Sprache zu lernen. Üblicherweise arbeitest du auf ein Sprachzertifikat hin.
Vorgehen:
Frage in deinem Ausbildungsbetrieb oder am KV deines Kantons nach, ob sie entsprechende Angebote haben.
Weitere Infos: